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Welche Geschichten sind eure Favoriten? (Abgabe mehrerer Stimmen möglich!!)

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Akeem
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

07.09.20 13:55
Edit 12.10.2020

Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Coollogo_com-214761942


Die Abstimmung geht wie immer 7 Tage bis zum 19.10.2020... etwa 19:00 Uhr




Hallo Leute,

ihr habt gewählt und das nächste Thema ist entschieden. Ich hoffe auch dieses Mal werden wieder viele von euch mitmachen. Ich persönlich finde das Thema sehr spannend und ich hoffe, dass wir die anstehende, kältere Jahreszeit nutzen können, um ein paar spannende Geschichten zu zaubern.

Das Thema dieses Mal ist: Verschollene Welten
Dieser Begriff ist natürlich wie immer frei zur Interpretation und jeder der will kann mitmachen!


Hier nun die wichtigsten Fakten:
Die Geschichte ist bis zum
11.10.2020 23:59 Uhr einzureichen. 
Alle weiteren Regeln findet ihr hier:
https://anime.forumieren.de/t5871-aktuelles-regelwerk-kurzgeschichten-wettbewerbe

Bitte lest und beachtet diese vor der Abgabe.






Zu Gewinnen gibt es wie immer wunderschöne Abzeichen von @Mithras :


- werden später hinzugefügt


Zuletzt von Akeem am 12.10.20 19:00 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Akeem
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

12.10.20 18:54
Starmirror – Lost Places

Phil war ein gewöhnlicher Junge mit gewöhnlichen Hobbys. Er war zwar nicht der Beste in der Schule, jedoch zählte er auch nicht zu den Schlechtesten, ein Normalo eben. Nur mit seinem Hobby stach er von den Anderen heraus, das jedoch wussten nur die Wenigsten, unter anderem sein Bester Freund Max und sein Bruder Lucas. Phil liebte nämlich alles was mit den Sternen zutun hatte und er verbrachte fast jede Nacht auf dem Balkon seines Zimmers damit, den Nachthimmel zu beobachten. Er war einfach fasziniert von der unendlichen Weite des Weltalls und die ihm schier unmögliche Anzahl an Sternen und Planeten da draußen, er war sich zu 100% sicher, dass es da draußen mehr gab als nur dieses langweilige Leben hier in der Kleinstadt X.
Auch heute Nacht war er wieder draußen auf seinem Balkon und starrte in den Himmel. „So viele Lichter. So viele Möglichkeiten. Ach, wenn ich doch nur endlich was erleben könnte, raus aus dieser Stadt – Ein richtiges Abenteuer in einer anderen Welt!“, Phil sprach wie schon so oft einfach zu sich selbst oder auch zu den Sternen, die so weit entfernt über seinem Kopf leuchteten. Jedoch hatte er nie eine Antwort erhalten, von wem auch? *piep piep* Seine Uhr piepte und Phil wusste, dass es Zeit fürs Bett war, sonst würde er wie so oft wieder verschlafen.
Phil schnappte sich seinen Pulli und seine Flasche Cola und ging zurück in sein Zimmer. Er schloss die Balkontür hinter sich und schaute sich in seinem Zimmer um. Er stellte die Cola auf seinen Schreibtisch und warf seinen Pulli über seinen Schreibtischstuhl. Als Phil sich gerade auf sein Bett warf, sah er einen hellen blauen Blitz in der Spiegelung seines Wandspiegels aufblitzen, das Licht schien von draußen gekommen zu sein. Phil sprang sofort wieder auf und sprintete das kurze Stück zum Balkonfenster. Jedoch sah er dort am Himmel nichts. Nur die Sterne am dunklen Nachthimmel, wie jede Nacht. Kein blaues Licht – Nichts. Hatte er sich das doch nur eingebildet und war einfach übermüdet? „Was solls. War wahrscheinlich eh nur ein Polizeiauto was draußen vorbeigefahren ist.“, seufzte Phil und drehte sich wieder um in Richtung Bett.
Und genau in dem Moment sah er es wieder im Spiegel! Ein blaues leuchten am Nachthimmel im Spiegel. Er drehte sich wieder in Richtung des Fensters um – Nichts! Phil schaute wieder in den Spiegel, dort war es klar zu erkennen und es wurde immer heller. Das Licht erfüllte nun schon fast sein ganzes Zimmer und schien immer noch heller zu werden. Er trat einen Schritt näher heran an den Spiegel. Jetzt trennten ihn nur noch wenige Zentimeter von der Spiegeloberfläche, als diese plötzlich anfing eine Art Wellen zu schlagen, so als ob jemand einen Stein in einen See geworfen hätte. „Ich muss träumen. Ich bin wohl einfach schon zu müde.“, Phil zweifelte an seinem Verstand, das ganze konnte einfach nur eine Einbildung sein. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, wollte er die wabernde, leuchtende Spiegeloberfläche einmal berühren. Phil streckte seinen Finger aus, Zentimeter für Zentimeter kam er dem Spiegel näher. Seine Hand trennte nur noch wenige Millimeter von der Oberfläche, als das Wabern der Wellen auf dem Spiegel immer stärker wurden. Phil wollte bereits seine Hand zurückziehen, doch da war es bereits zu spät: Wie aus dem Nichts schoss eine Hand blau leuchtende Hand aus dem Spiegel, packte ihn am Handgelenk und zog ihn in den Spiegel hinein.
Plötzlich war alles um Phil herum schwarz. Stille. Wo war er? Lebte er noch oder sah so der Tod aus? Was ist mit mir passiert? Tausende Fragen schossen ihm durch den Kopf. Er konnte sich auch nicht bewegen und er wollte gerade schon die Hoffnung aufgeben, als plötzlich vor ihm in der Dunkelheit ein Leuchten zu sehen war, wieder blau. „Na großartig, sterbe ich jetzt nochmal? Oder ist das der Eingang zum Himmel? Oder doch zur Hölle?“, Phil konnte nichts anderes tun als abzuwarten was nun passieren würde. Er schloss die Augen und war gefasst auf Alles.
*Zwitschern* Hallo? *zirp* Was waren das für Geräusche? *plätschern* Also war er jetzt tot. Phil versuchte seine Augen zu öffnen. Da traf ihn das helle Licht, als er die Augen öffnete. Seine Augen gewöhnten sich an das Licht und was er dann sah, brachte ihn gleich wieder auf den Gedanken, dass er doch im Jenseits gelandet sein musste. Er befand sich anscheinend am Rande eines Waldes. Neben ihm war ein See zu sehen, dessen Wasser ein bläulicher Schimmer umfasste, als wäre dieser See heilig. Phil schaute sich weiter um und konnte gar nicht erfassen was er da sah. Die Bäume strahlend grün, unendlich viele bunte Blumen sprossen überall aus dem Boden, einige schienen sogar wie aus Kristall zu sein. Das war jedoch nicht das spektakulärste, denn das waren eindeutig die teils schwebende Landschaft, dass er ein bisschen abseits sah. Überall schwebten kleine Teile von Terrain in Luft, von manchen flossen sogar Bäche runter und bildeten kleine und große Wasserfälle bevor sie wieder in Seen eine Ebene tiefer endeten.
Phil konnte es nicht verstehen. „Wo bin ich hier gelandet?! Träume ich nur?“. Er rieb sich mit den Händen durch die Augen, nichts änderte sich. „Kann mich bitte jemand kneifen?“, das musste ein Traum sein dachte Phil sich. Da er aber nun mal hier zu sein schien, beschloss Phil sich ein wenig umzuschauen, denn einfach rumstehen würde ihm jetzt auch nicht helfen.
Er folgte einem kleinen Fluss, welcher aus dem See mündete, wo er aufgewacht war. Vielleicht konnte er so Zivilisation finden oder wenigstens einen Anhaltspunkt wo er sich gerade befand. Phil lief nun bereits seit ca. 45 Minuten flussabwärts, so genau konnte er das nicht sagen, denn seine Uhr schien seitdem er hier gelandet war stillzustehen. Er wollte schon aufgeben, als er plötzlich am Horizont einen Schatten sah. „Sind das Mauern?“, Phil nahm seinen Mut zusammen und ging nun einen Schritt schneller.
Phil kam immer näher und nun hörte er auch schon Geräusche. Es hörte sich an wie Hufschläge und Menschengewusel, nur leider konnte er es nicht genau identifizieren. Er kam immer näher und da erkannte er es: Er ging geradewegs auf eine Stadtmauer zu und dort sah er dann auch das Gewusel von Menschen. „Was zum Teufel?!“, Phil traute seinen Augen nicht. Er sah vor sich zwar Menschen, jedoch waren alle in Kleidung aus dem Mittelalter eingekleidet. Phil dachte erst, dass es sich hierbei um einen sehr gut geplanten Filmdreh handeln muss, dann erinnerte er sich aber an seine bisherigen Erlebnisse und wusste, dass es das einfach nicht sein konnte. Spätestens als der dann sah was die Hufgeräusche erzeugte, wusste Phil, dass er sich in einer unbekannten Welt befinden musste, denn die Karren wurde von riesigen geflügelten Pferden gezogen.
Als er erkannte was sich vor ihm befand, wollte Phil schnell irgendwo in Deckung gehen, doch es war zu spät. „Wer bist du? Wo kommst du denn her und was ist dein Begehr Eindringling?“, Phil hörte wie eine Waffe hinter ihm gezogen wurde, er hatte genug Filme geschaut, um zu wissen, dass es sich dabei um ein Schwert oder ähnliches handeln musste. Phil drehte sich langsam um, „I-... Ich heiße Phil... I-... Ich weiß auch nicht wie ich hierhergekommen bin. Wirklich!“. Vor ihm stand eine in voller Rüstung eingekleidete Wache, auf dessen Brust prangte ein riesiges Logo bestehend aus einer roten Sonne, einem Gelben Mond und Blauen Sternen.
Erzähl mir keine Lügen Bursche! Was willst du in unserer heiligen Stadt Avalon?! Und wieso trägst du so bizarre Klamotten?! Bist du ein Attentäter? Wohl angemerkt ein schlechter!
Avalon? Hatte die Wache vor ihm grade Avalon gesagt?! Das sollte doch nur eine Legende sein, ein Ammenmärchen! Er konnte doch nicht allen Ernstes in Avalon gelandet sein. Das war wohl ein schlechter Scherz... Phil brauchte jetzt schnell einen Plan wie er hier lebend rauskam. Da fühlte Phil plötzlich eine leichte Wärme in seiner Hosentasche. Vorsichtig griff er mit seiner Hand in seine Hosentasche, während er weiter Blickkontakt mit der Wache hielt, „Ich... ähm. Ich bin ein Reisender aus einem fernen Land!“. Phil hatte nun die Quelle der Wärme mit seiner Hand erreicht, es fühlte sich sehr glatt an. Wie eine Art Spiegel? Ok er musste es nun drauf ankommen lassen. Phil spannte seine Beinmuskeln an und sprintete in Richtung einer der Hügel los. Er hoffte, dass die Wache in der schweren Rüstung ein bisschen bräuchte, um ihn einzuholen. Er rannte und rannte, zog den glatten Gegenstand aus seiner Hosentasche raus und tatsächlich! Es war ein kleiner Spiegel, bzw. dachte Phil, dass es ein Spiegel sein musste, denn er sah kein Spiegelbild, sondern eine Abbildung von einem leuchtenden Sternenhimmel. „Bitte hilf mir! Ich will wieder zurück!“, er umklammerte so fest er konnte den Spiegel und hoffte, dass irgendwas passieren würde.
Phil wollte gerade schon die Hoffnung aufgeben, als er einen Blick hinter sich warf und sah, dass die Wach ihn schreiend und mit erhobenem Schwert eingeholt hatte, als er wieder das blaue Schimmern zwischen seiner um den Spiegel geschlossenen Hand sah. Er öffnete seine Hand und sah wieder das blaue Schimmern im Spiegel, welches ihn schon einmal hier hingebracht hatte. Phil drehte sich erneut um und musste erschreckend feststellen, dass die Wache nun noch zwei Schritte von ihm entfernt war, er spürte schon den Windzug der Klinge, als die Wache ausholte. *wusch*
Und wieder war alles schwarz um ihn herum. Und erneut konnte er sich nicht bewegen. Aber da war es wieder: Das blaue Leuchten in der Dunkelheit. Phil schloss wieder seine Augen. Als er sie das nächste Mal wieder aufmachte, musste er feststellen, dass er auf seinem Balkon lag. „War das ganze doch nur ein Traum? Bin ich hier einfach eingeschlafen?“, *piep piep* Phil schaute auf seine Uhr. Diese schien wieder zu funktionieren und es war keine Minute vergangen seit er das letzte Mal auf seine Uhr geschaut hatte. Komisch, also war er wohl doch wirklich nur eingeschlafen draußen.
Phil beschloss das ganze Erlebnis auf seinen Cola Konsum zu schieben in Kombination mit Müdigkeit, also ging er wieder rein in sein Zimmer und warf sich ohne Umwege auf sein Bett. „Puuh bin ich fertig!!“, er schloss auch schon seine Augen und wollte einschlafen, als er plötzlich ein Geräusch hörte. Phil schaute sich in seinem Zimmer um und erst dabei merkte er es. Der große Spiegel in seinem Zimmer hatte einen riesigen Sprung und die Oberfläche war komplett schwarz. Dazu kam ein leicht bläulicher Schimmer aus seiner Schreibtischschublade… Dieses Schimmern kannte er nun zu gut. Er sprang auf und hechtete zu seinem Schreibtisch, zog die Schublade auf und fand genau das was er befürchtet hatte: Einen kleinen Spiegel, auf dessen Oberfläche ein bunter Sternenhimmel abgebildet war, der blau schimmerte. Und als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, bemerkte Phil in diesem Moment noch etwas ganz Anderes: Der Himmel draußen vor seinem Fenster, war nicht sein Nachthimmel. Nein. Denn dort oben schwebten plötzlich ein großer roter und ein großer blauer Mond nebeneinander.

Wo bin ich hier gelandet?!“, Phil sah wieder runter auf den Spiegel, da bemerkte er einen Schriftzug am unteren Rand des Spiegels, den schien er in all der Hektik nicht gesehen zu haben: Starmirror.
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

12.10.20 18:54
In deiner Welt

Ich spürte sein weiches Fell unter meiner zitternden Hand. Mein Herz pochte wie verrückt. Ich spürte jeden einzelnen Schlag. Bum, bum, bum. Jeder war schmerzhafter als der davor. Die warmen Tränen rannen meine vermutlich fahl weißen Wangen entlang. Während mein Herz drohte aus der Brust zu springen, hörte sein Herz langsam auf zu schlagen. Sein kräftiger Brustkorb bewegte sich noch ganz langsam. Kurz darauf war er gekommen: der letzte Atemzug. Ich spürte die bedauernden Blicke der Frau in Weiß. Sie legte eine Hand auf meine Schulter und ich sah in ihre vertrauten kastanienbraunen Augen. Ich kannte Frau Dr. Ortmann schon lange. Sie war die einzige Ärztin bei der ich das Gefühl hatte, dass sie Mitgefühl empfand, ehrlich und aufrichtig war.
„Er hat es geschafft.“
Ich nickte. Eine unfassbare Traurigkeit machte sich in mir breit. Es war kaum in Worte zu fassen, dieses Gefühl. Als würde man den Boden unter den Füßen verlieren.
„Ich frage mich nur, wer so etwas tut… wer einem Tier das antun kann…“
„Menschen tun fürchterliche Dinge. Dafür gibt es oft keine Erklärung…“
Es war ein Stück Fleischwurst, gefüllt mit kleinen, messerscharfen Rasierklingen, die die inneren Organe von Sam so schwer verletzten… Er hatte es nicht geschafft. Zwölf Jahre. Zwölf Jahre war er an meiner Seite, mein Begleiter, Tag für Tag. Nie war er mir von der Seite gewichen. Immer war er da, hatte mich getröstet und mit mir die schwierigsten Situationen gemeistert. Vielleicht war es töricht, gar naiv, davon zu sprechen, dass er immer „ein offenes Ohr“ für mich hatte. Doch ich wusste, dass es genauso war. Er war ein wahrhaft bester Freund. Mein bester Freund. Sanft strich ich über sein kurzes Fell. Es sah aus als würde er schlafen. Und ich wünschte, es wäre so. Ihn nicht mehr an meiner Seite zu wissen, mit dem Gedanken zu leben, fortan ohne ihn zu sein… Unvorstellbar.
„Ich lasse euch noch ein paar Minuten allein… Soll ich deine Mutter holen?“
Ich schüttelte den Kopf, schluchzte und starrte auf Sams leblosen Körper. Ich wusste eins: Ich wollte nun mit ihm allein sein, auch wenn er seinen Weg zur anderen Seite schon gegangen war.
Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Vielleicht waren es Sekunden oder einige Minuten. Es fühlte sich nicht genug an. Während ich mit geschlossenen Augen in dem nassen Fell meines Hundes ruhte, hörte ich wie plötzlich die Tür aufging und ich spürte, dass sich eine warme Hand auf meinen Rücken legte.
„Komm, meine Süße…“ sagte eine engelsgleiche Stimme. Es war meine Mutter. Ich wollte nicht gehen und Sam alleine lassen, bis mein Vater ihn später abholte.
„Es ist Zeit zu gehen… Komm…“
Der leichte Druck auf meiner Schulter schob mich langsam von ihm fort. Weinend lehnte ich mich an meine Mutter, die gemeinsam mit mir die Praxis verließ.
Es vergingen Tage. Schreckliche Tage. Jeden Morgen ging ich an sein Grab in unserem großen, blühenden Garten. Und jede einzelne Blüte, jeder Grashalm, jeder Quadratzentimeter, auf dem er sich bewegt und jeder Ast an dem er geschnuppert hatte, erinnerte mich an ihn. Die Zeit heilte keine Wunden. Dieser Tag würde auf ewig eine klaffende Wunde hinterlassen. Da war ich mir sicher.
Eines Abends - ich wusste noch genau, dass es ein regnerischer Samstag war - hörte ich ein Bellen. Es war nicht irgendein Bellen. Es hörte sich nach ihm an. Im Dämmerschlaf rappelte ich mich langsam auf, streckte mir die Müdigkeit aus den Gliedern und rieb mir meine glasigen Augen. Zuerst dachte ich, es wäre ein Traum, doch als ich zunehmend wacher wurde, mehr und mehr zu Sinnen kam, da hörte ich es wieder, dieses Gebell. Das konnte nicht sein! Er war doch tot! Ich sprang auf, stürmte aus meinem Zimmer, die Holztreppen hinab durchs Wohnzimmer, hinaus aus der Tür und in den strömenden Regen hinein. Kurz darauf rief meine Mutter: „Hey, Melissa! Wo willst du denn hin!?“
Hektisch wandte ich mich zu ihr. Sie stand in der Tür, hatte ihre graue Strickweste wärmend um ihren zarten Körper geschlungen, damit sie nicht fror. Dann hörte ich es wieder.
„Mama! Hörst du das nicht!? Es ist Sam! Er ist wieder da!“
„Melissa, wovon redest du!? Ich höre nichts! Komm rein! Du wirst dir noch den Tod holen!“
Doch da war es schon wieder! Ich erkannte seine Stimme unter tausend anderen. Er war es! Zweifellos!
„Da war es schon wieder! Mama! Hörst du ihn denn nicht!?“, fragte ich, und sicher konnte man die Verzweiflung hören, die aus mir sprach. Meine Mutter schaute mich nur entsetzt an, während das Wasser in Strömen auf mich herab prasselte. Ich spürte die langen Strähnen, die an meinen Wangen klebten, und ich zitterte wie Espenlaub. Doch es war mir egal. Hektisch sah ich mich um, voller Erwartung, doch da war nichts. Niemand. Nur sein Gebell, welches durch die dunkle Nacht hallte, und mir auf der einen Seite ein Gefühl der Freude, aber auch der Angst vor dem Ungewissen vermittelte.
„Komm rein, Melissa! Beruhige dich, bitte!“
Meine Mutter kam auf mich zu und in sekundenschnelle war auch sie völlig durchnässt. Für einen Moment herrschte Stille. Hatte ich es mir nur eingebildet? Hatte ich es mir so sehr gewünscht, dass ich anfing zu fantasieren? Langsam zweifelte ich an mir selbst und bemerkte erst nach ein paar Schritten, dass ich mich wieder der offenen Haustür näherte. Doch dann hörte ich ihn wieder! Glasklar, so als wäre er nur ein paar Meter entfernt.
„Mama, da war es schon wieder! Er ist hier irgendwo!“
Ich riss mich los, lief dem anhaltenden Gebell hinterher und mit jedem Schritt hörte es sich näher und vertrauter an. Ich hörte nur die verzweifelten Rufe meiner Mutter, spürte das Dickicht unter meinen nackten Füßen. Ich kämpfte mich durch die Dornbüsche, vorbei an den moosbewachsenen Steinen zu der nahegelegenen Landstraße. Gerade fuhr ein Lastwagen vorbei, als das Gebell verstummte. Ich schaute zur anderen Straßenseite. Nur die Laternenlichter spendete eine schwache Lichtquelle. Doch da stand etwas auf der anderen Seite. Ich konnte nicht erkennen, ob es tatsächlich Sam war. Vorsichtig näherte ich mich der schemenhaften, zweifellos tierischen Gestalt. Schritt für Schritt für Schritt.
„Melissa!“, hörte ich den Schrei meiner Mutter, wandte mich um und sah nur noch die hellen Scheinwerfer auf mich zurasen. Dann wurde alles Schwarz.
„Wach auf, meine Liebe. Na los… Es ist Zeit…“, hörte ich eine warme Stimme sagen. Diese Worte erinnerten mich an die meiner Mutter, an jenem schrecklichen Tag. Zaghaft öffnete ich die Augen und schaute in einen azurblauen, wolkenlosen Himmel. Ich spürte das weiche Gras und die warmen Sonnenstrahlen auf meiner bleichen Haut. Ich setzte mich langsam auf. Mein Kopf schmerzte. Ich ließ meinen Blick wandern. Es war eine unendlich weite Wiese. Ich hörte ein leises Plätschern und ein blumiger Duft zog in meine Nase. Bunte Schmetterlinge flogen umher und in der Ferne spielten zwei kleine Hunde freudig miteinander. War ich im Himmel? So hatte ich ihn mir immer vorgestellt.
Als ich nach rechts schaute, zuckte ich zusammen. Da saß Sam, wenige Zentimeter von mir entfernt. War er es wirklich? Ohne mir in diesem Moment die Frage zu stellen, wer gerade zu mir gesprochen hatte, umschlang ich den breiten Hals meines Hundes und drückte ihn fest an mich. Es fühlte sich an, wie es sich immer angefühlt hatte. Vertraut und voller Liebe. Ein leises Lachen… es war das Lachen eines alten Mannes. Etwas verwirrt, aber immer noch überglücklich, Sam wieder bei mir zu wissen, löste ich die Umarmung und schaute in sein Gesicht.
„Es ist so schön, dich wiederzusehen…“
Meine Augen weiteten sich. Ich schreckte zurück.
„Du kannst reden!?“
Es war eine Mischung aus purer Verwunderung und Freude. Endlich konnte ich mit ihm sprechen! Doch was hatte das alles auf sich? War ich nun tot oder nicht? Man sagte ja, dass man nach dem Tod zu seinen Lieben zurückkehrte. Und an diesem Glauben hielt ich nach wie vor fest.
„Oh, ja. Hier können wir alles machen, was wir möchten. Und die unmöglichsten Dinge können geschehen“, antwortete er.
„B-bin ich tot?“
Dann war es da wieder. Dieses tiefe, leise Lachen.
„Oh nein, liebe Melissa. Ganz und gar nicht. Du lebst. Dank dem Hier und Jetzt.“
Er stand auf und ging voraus. Er hatte schon seit langer Zeit Probleme mit Arthrose in einigen Gelenken, doch nun bewegte er sich wie ein junger Hund, voller Anmut und ohne Schmerzen. Ich stand auf und folgte ihm. Gemeinsam gingen wir über das saftige Grün. Es war ein Ort voller Harmonie. Ich war mir sicher, hier konnte auch die dunkelste Seele ihren Frieden finden.
„Nun… was ist geschehen, Sam? Wieso bist du hier? Und warum bin ich hier? Was hat das alles zu bedeuten?!“
Ruhig antwortete er mir, während seine großen Pfoten förmlich über dem fruchtbaren Boden schwebten: „Es ist eine Parallelwelt, kein Jenseits, in dem Sinne. Kein Jenseits wie ihr Menschen es kennt. Hier leben wir Tiere in Frieden miteinander. Von dem kleinsten Käfer bis hin zum größten Elefant. Wir entscheiden uns im Leben, ob wir hier sein möchten oder an der Seite unserer Menschen, in deiner Welt.“
„Ihr habt die Wahl hier zu leben? Wie kann das sein?“
„Nicht allen von uns ist dieses Tribut gezollt. Viele der verschiedenen Arten würden ein Leben hier bevorzugen und ein Aussterben in deiner Welt bedeuten. Diejenigen, denen dieses Geschenk zuteil wird, können hinübergehen, zu jeder Zeit, wann immer ihnen danach ist. Aber ein Zurück gibt es nicht. Einmal hier, nie wieder fort.“
„Und du hattest die Wahl? Und du hast dich für ein Leben in meiner Welt entschieden?“
Er schaute zu mir auf und seine bernsteinfarbenen Augen strahlten pure Treue aus, als er antwortete: „Ich würde es immer wieder tun. Du bist meine beste Freundin. Du hast mir ein so gutes Leben geschenkt... Es fehlte mir an nichts. Du hast mir alles gegeben, was ich jemals brauchte und wollte. Warum hätte ich gehen sollen?“
Es rührte mich, dass er dieses Paradies für mich aufgegeben hatte.
"Und früher oder später kommt ihr alle an diesen Ort?"
"Nicht alle."
Ob es eine Hölle gab? Einen Ort für bösartige Tiere? Doch ich war überzeugt, dass die Welt der Tiere frei von echtem Hass und Zorn war. Frei von Neid und Egoismus. Völlig fern von allem Bösen. Ich wollte Sam fragen, was mit jenen anderen Tieren geschah, denen ein Leben in diesem Paradies verwehrt blieb. Sam kam mir so unendlich weise vor. Ich war mir sicher, er könnte all meine Fragen beantworten, sei sie noch so unerklärlich. Doch gerade als sich meine Lippen zu einer Frage formten, kamen die beiden Welpen auf uns zu, die ich schon aus der Ferne erspäht hatte. Als sie, wild tobend, nahe bei uns waren, kniete ich mich nieder und streckte meine Finger nach ihnen aus, doch ich fasste ins Leere. Sie schienen mich gar nicht zu bemerken.
„Warum…?“, fragte ich murmelnd vor mich her.
„Es ist eine Parallelwelt. Nichts was du hier siehst ist für dich wirklich. Du dürftest nicht hier sein. Kein Mensch darf das.“
„Aber trotzdem bin ich hier. Du... das alles ist so real! Wie kann das sein? Dich kann ich auch berühren… bitte, sag mir, was geschieht hier?“
„Ich habe dich hergeholt, Melissa, weil ich anderen bewahren möchte, vor dem was mir widerfahren ist. Und ich wollte dir zeigen, dass du keine Trauer empfinden musst, weil ich nicht mehr sichtbar in deiner Mitte bin. Ich werde immer bei dir sein, nur auf eine andere Art. Es war mein größter Wunsch, dir zu zeigen, dass es mir gut geht.“
„Ich danke dir… für alles“, sagte ich, klammerte mich fest an ihn und sog den Duft seines warmen Fells in jede meiner Fasern auf.
„Doch sag mir… wie hast du das gemacht?“
„Mach dir keine Gedanken, Melissa. Das Wie spielt keine Rolle. Du musst mir jetzt zuhören. Es bleibt nicht viel Zeit...“
Seine Worte klangen eindringlich. Die Welt um mich herum wurde unscharf und blasser. Das Bild der vollendeten Harmonie schwand, langsam aber stetig. Die Wiese wirkte nicht mehr saftig Grün. Am Himmel zogen dunkle, unheilvolle Wolken auf und auch Sam verschwand allmählich hinter einem Schleier.
„Hör mir zu, Melissa. Nichts wird dir geschehen, wenn du zurück bist in deiner Welt. Geh nicht über die Straße sondern folge den Rufen deiner Mutter. Frage dich nicht, warum du im Regen stehst, bis du wieder im Haus bist.”
“Aber Sam, ich-”
“Rede nicht, höre zu! Geh am Morgen zu Nachbar Thomas. Er war es... und er wird es wieder tun! Hast du das verstanden, Melissa?“
Ich schaute ihn an, konnte nicht fassen, was er da sagte. Der alte Thomas? Er soll nach dem Leben der Tiere trachten? Er war alt, gebrechlich und pflegte seine schwerkranke Frau bis zu ihrem Tod, liebte die Natur und seinen gepflegten Garten. Doch ich glaubte meinem besten Freund. Natürlich tat ich das!
„Er wird alles abstreiten, doch verfolge ihn am Abend darauf und überzeuge dich selbst… Rette die anderen, denn sie wollen bei ihren Menschen bleiben… in deiner Welt.“
Die Stimme von Sam wurde leiser, bis sie schließlich gänzlich verstummte und ich in Schwärze gehüllt wurde. Ich stand im Nichts. Die Wiese, die tobenden Hunde, das Plätschern des Baches und der Duft des blühenden Lavendel… alles war verschwunden. Die Dunkelheit war zurückgekehrt.
„Sam? Sam, wo bist du!?“, rief ich verzweifelt, doch er konnte mich nicht hören. Dann hörte ich ein lautes Hupen, trat blitzschnell einen Schritt zurück. An mir vorbei fuhr ein Kleinwagen, der mich fast überfahren hätte. Das Herz schlug wild in meiner Brust, doch wie als würde eine Stimme mir zuflüstern, drehte ich mich um, weg von der Straße. Dann sah ich in das Gesicht meines Arbeitskollegen Tim.
"Hallo? Melli? Noch da?"
"Hm?", murmelte ich fragend und fuhr mir an die Schläfe. Da waren sie wieder, diese Kopfschmerzen.
"Oh ja... klar. Alles gut", antwortete ich, griff nach der Kaffeetasse neben meinem Laptop und nippte daran. Bah! Eiskalt.
"Den hast du dir vor gut drei Stunden gezappt. Ich mache mal Schluss. Es ist schon nach Elf. Mach auch Feierabend!"
"Ja, sicher. Ich mache auch nicht mehr lange."
"Soll ich dich nach Hause fahren?", fragte der süße Lockenkopf, doch ich lehnte höflich ab.
"Nein. Ich mache den Beitrag noch fertig und dann fahre ich nach Hause. Meine Auto steht unten."
Tim nickte und wirkte etwas enttäuscht. Er machte sich schon lange Hoffnungen, obwohl ich glücklich verheiratet und ein kleines Mädchen namens Melinda unser ganzer Stolz war.
"Wehe, wenn ich morgen deinen Kopf vom Laptop hieven muss!", scherzte er lachend, griff nach seinem schwarzen Lederrucksack und verabschiedete sich.

Ich schaute wieder auf den hellen Bildschirm meines Laptops und laß die Anfangszeilen meines aktuellen Blogs unserer bekannten Tierschutzorganisation S A M. Es war ein Herzensprojekt, welches ich vor vielen Jahren ins Leben gerufen hatte. Unsere wichtigste Aufgabe bestand darin, gegen Tierquälerei jeglicher Art vorzugehen und den Tieren einen guten Lebensraum zu bieten. Unsere Arbeit beschäftigte sich damit, allen Tieren ihr ganz persönliches Paradies auf Erden zu bereiten und Ihnen eine verlorene Welt wieder zurückzubringen. Wir arbeiteten eng mit einigen Umweltorganisationen zusammen und standen für das Recht der Lebewesen ein. Denn jedes Tier - sei es noch so klein - hatte einen Namen.
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

12.10.20 18:56
Funkkontakt

Ein letzter Blick in den Spiegel und ein finaler Ruck an der Krawatte waren Dr. Carlsons letzte Vorbereitungen. In wenigen Sekunden würde er sich vor einer Gruppe wichtiger Leute verantworten müssen. Juristen, Wissenschaftler, Gutachter und sogar die Senatoren von sieben Bundesstaaten würden in wenigen Stunden eine Entscheidung über seine Zukunft treffen.
Sein Herz klopfte wie verrückt, als die Sicherheitskräfte die schweren Türen im Inneren des alten Gebäudes öffneten. Sofort hagelte ein Blitzlichtgewitter der vielen Reporter auf Dr. Carlson ein. Aus allen Richtungen wurden ihm Fragen gestellt. Drei Männer halfen ihm den Weg frei zu machen, damit er auf dem Stuhl in der Mitte des Raums vor mehreren Mikrophonen Platz nehmen konnte.
Ein Handzeichen des Vorsitzenden reichte aus, um die Journalisten, Zuseher und Beisitzenden zum Schweigen zu bringen. Der alte Mann strahlte mit seiner schwarzen Robe eine unwirkliche Macht aus. Sein erhöhter Sitzplatz ließ ihn wie den König des Raums wirken. Hinter ihm hingen vier lange Flaggen von der Decke, die japanische, zwei amerikanische und die deutsche. Vor ihnen hingen auf aufwändig dekorierten Ständern Portraits von vier Personen und Schilder mit deren Namen. Akihiko Mori, Jacob Bernstein, Rebecca Miller und Thorsten Bauer.
„Wir beginnen die Vernehmung von Dr. Anthony Carlson, geboren am 18. August 2037 in Philadelphia. Dr. Carlson, ich nehme an, Sie wissen, wieso sie vor diesem öffentlichen Untersuchungsausschuss eine Aussage abgeben sollen?“
Der Doktor schluckte einmal schwer und lehnte sich leicht nach vorne zum Mikrophon. Er räusperte sich und begann mit schwacher, leiser Stimme zu sprechen.
„Natürlich. Es geht um die Ereignisse vom 9. Mai diesen Jahres, bei denen…“
„Bei denen vier Astronauten auf einer Erkundungsmission unter Ihrer Aufsicht verschwanden.“
Noch einmal schluckte Anthony schwer und nickte zustimmend.
„Sie saßen an diesem Tag im Lyndon B. Johnson Spacecenter in Houston und leiteten die Überwachung und Koordination eines bemannten Forschungsflugs. Ist das soweit richtig?“
Der Doktor nickte wortlos um zu bestätigen.
„Uns liegen Aufnahmen des Funkkontakts zwischen der verschollenen Crew der Venus II und Mission Control vor.“
Der Vorsitzende drehte sich leicht zur Protokollschreiberin. „Da sie uns gespeichert zur Verfügung stehen, müssen Sie die folgenden Ausschnitte nicht mitschreiben“, sagte er mit sanfter Stimme, viel sanfter als sein Umgangston mit Anthony es war. Eine einladende Geste an einen Beisitzenden brachte ihn dazu, über einen Computer die Wiedergabe des Funklogs zu starten.,


„Houston, hier Venus II. Wir starten die Vorbereitungen für den Eintritt in die Atmosphäre.“
„Verstanden, Venus II. Haltet uns über den Status des Landers auf dem Laufenden.“
„Alles klar.“ Es folgten einige Momente der Stille, in denen nur das leise Summen verschiedener Maschinen und Geräte an Bord zu hören war.
„Hier Venus II. Haben leichte Vibration an der linken Heckflosse, allerdings innerhalb der Toleranzparameter. Ich werde die Geschwindigkeit drosseln.“ Wieder verstummte die Stimme des Astronauten für einige Minuten. Diesmal war allerdings ein deutlich lauteres Rauschen zu hören, das wenig später aber ebenfalls blitzartig der Stille wich.
„Houston, hier Venus II. Wir sind erfolgreich im Lavina Planitia gelandet.“


Bewunderung machte sich leise unter den Zuschauern breit. Kaum jemand auf der Erde hatte die erste bemannte Landung auf der Venus verpasst. Doch genau so wenige kannten ihren wirklichen Grund. Für die Öffentlichkeit war es einzig und alleine eine Zurschaustellung der Fähigkeiten der Menschheit. Nachdem bereits eine Kolonie mit über 150 Bewohnern auf dem Mars angesiedelt wurde, hatte sie nun schon den zweiten Planeten betreten, um ihn zu erforschen und womöglich bewohnbar zu machen. Doch in Wahrheit steckte etwas ganz anderes dahinter.
„Dr. Carlson, können Sie bestätigen, dass auch Mission Control die Parameter der Venus II empfing und es für Sie keinen Grund zur Verunsicherung gab?“ fragte er Vorsitzende den Wissenschaftler.
„Ja. Die Umgebungsparameter unterschieden sich nur minimal von den Messungen, die wir seit Jahren mit den Rovern durchgeführt hatten. Allerdings waren all diese Abweichungen innerhalb der Missionstoleranzen.“
„Erzählen sie den Beisitzenden bitte, wieso eine bemannte Mission dann erforderlich war, wenn sie bereits Roboter zur dauerhaften Beobachten des Planeten verwendeten.“
„Ich…“ stammelte der Doktor. „Das unterliegt der Geheimhaltung und nur…“ – „Ich habe hier einen Gerichtsbeschluss des US Supreme Court der die Geheimhaltung des Venus Programms im Sinne des öffentlichen Interesses aufhebt“, unterbrach der Vorsitzende Dr. Carlson.
Wieder räusperte er sich und rückte seine Krawatte zurecht.
„Also… Ähh… Drei Monate bevor die Vorbereitungen für Venus I begannen, wurde im Lavina Planitia Becken ein Temperatursturz gemessen. Statt der üblichen knappen 500 Grad Celsius herrschten dort in einem perfekt kreisrunden Gebiet mit einem Durchmesser von 200 Kilometern nur 57 Grad Celsius. Die Geometrie sowie die Temperatur waren deutliche Hinweise dafür, dass es sich um keinen natürlichen Vorgang handeln konnte. Venus II sollte nicht nur die erste bemannte Mission werden, sondern auch dieses Phänomen untersuchen.“
„Warum brauchten Sie dazu Menschen auf der Oberfläche der Venus? Wieso hätten keine Roboter oder Sonden in der Umlaufbahn diese Gegend untersuchen können?“ fragte einer der Gutachter, die Dr. Carlson gegenüber saßen.
„Denken Sie, wir haben es nicht versucht? Sobald ein Rover dieses Gebiet betrat, fiel er aus. Bis heute haben wir vier Venus-Rover im Lavina Planitia verloren.“ – „Elektromagnetische Stürme…“ – „Ja. Das war zumindest die offizielle Erklärung für den Ausfall der Roboter. Mit den Satelliten konnten wir auch nur die Temperatur messen. Optische Untersuchungen sind aufgrund der dichten Atmosphäre nicht möglich und alle anderen Sensoren wurden ebenso gestört wie die Rover. Eine persönliche Erkundung war die letzte Möglichkeit die übrig blieb.“
Mit kratzigen Geräuschen schoss die Spitze eines Kugelschreibers über ein Blatt Papier das vor dem Vorsitzenden am Tisch lag. Doch nicht nur er notierte sich alles mit, auch das Klappern von Tastaturen unterbrach kurzzeitig die Stille.
„Dr. Carlson, wir fahren mit der Wiedergabe der Audiodatei fort.“ Nach einem kurzen Nicken des Vorsitzenden des Untersuchungsausschuss startete der Mann mit dem Laptop erneut die Wiedergabe.


„Venus II, wie ist Ihr Status?“
„Hier Venus II, wir haben die Landezone um zwölf Kilometer verpasst. Mori sagt, dass es vermutlich wegen der Vibrationen war. Jedenfalls steht die Landefähre sicher und eben. Bernstein ist gerade dabei den Rover startklar zu machen.“
„Verstanden. Wir haben gerade die Sensordaten empfangen und es sieht alles gut aus. Houston gibt hiermit die Erlaubnis das Landemodul zu verlassen, sobald Sie dazu bereit sind.“


Die Wiedergabe wurde kurz unterbrochen und der Vorsitzende rückte auf seinem Stuhl ein wenig hin und her.
„Dr. Carlson, können Sie uns die Sensordaten, die Sie in der Aufzeichnung erwähnten, näher erläutern?“
„Natürlich“, krächzte der Wissenschaftler und räusperte sich danach. Sofort ertönte das Rascheln von Papier. Er war natürlich nicht unvorbereitet gekommen. Auf dem kleinen Tisch vor ihm stapelten sich Akten und Ordner voller Transskripte, Computerauswertungen und Aufzeichnungen der Missionsvorbereitungen.
„Ähh… Hier.“ Er zog ein Blatt Papier aus einer Akte und begann es zu lesen. „Die Umgebungstemperatur betrug 57 Grad Celsius, die Strahlendosis lag bei 50 Millisievert, der PH Wert der Umgebungsatmosphäre betrug 6,84, die Lärmbelastung lag bei 88 Dezibel in einem Schallspektrum von 40 bis 100 Hertz. Diese Werte sind für Menschen zwar nicht günstig, allerdings konnten wir die Astronauten mit dem planetaren EVA-Anzug vor der schädlichen Wirkung abschirmen.“
„Also wollen Sie damit sagen, dass der Raumanzug sie vor der Umwelt geschützt hat?“ fragte eine Frau aus den Reihen der beisitzenden Gutachter.
„Ja und nein. Der Anzug hat sie gegen alle permanenten Einflüsse wie eben die Strahlung geschützt. Es gibt aber unkalkulierbare Risiken gegen die der Anzug keinen Schutz bieten konnte.“
Energisch tippte die Frau auf ihrem Computer herum und der Vorsitzende ergriff wieder das Wort.
„Wir werden im Funkkontakt nun zwei Stunden überspringen. Während dieser Zeit hat Dr. Bernstein das Fahrzeug vorbereitet, Dr. Bauer erste geologische Proben gesammelt, Dr. Mori das Landemodul für einen Start nach Beendigung der Mission vorbereitet und Dr. Miller hat die Messgeräte an Bord bedient. Dr. Carlson, erinnern Sie sich, wo die Astronauten sich befanden, als sie das erste Mal einen Sichtkontakt berichteten?“
„Sie waren etwa fünf Kilometer vom Zentrum der klimatischen Anomalie entfernt, und bewegten sich darauf zu, Richtung Norden.“
Der Vorsitzende hakte etwas ab und deutete an, die Wiedergabe fortzusetzen.


„Houston! Houston! Wir haben Sichtkontakt!“ Die Stimme des Astronauten klang aufgeregt und euphorisch, doch auch leicht ängstlich.
„Unglaublich! Was können Sie erkennen, Venus II? Beschreiben Sie es!“
„Es… es ist unbegreiflich, Houston. Keinesfalls natürlich. Houston es ist… Es ist der Beweis für eine außerirdische Intelligenz.“


Ein zögerlicher Jubel machte sich im Mission Control Center breit. Doch auch im Anhörungssaal erhob sich Geflüster. Empörung, Faszination und Angst waren deutlich spürbar.


„Beschreiben sie es näher. Wie sieht es aus? Was tut es? Was… ist es?“
„Es ist… ein Würfel. Er schwebt über dem Boden, mit einer Ecke nach unten und der diagonal gegenüberliegenden nach oben. Ich kann nicht sagen, woraus er besteht, aber er ist dunkel und wirkt metallisch. Wir müssen näher ran.“


„Wieso musste die Crew der Venus II noch näher an das Objekt heran, um es zu beschreiben?“ fragte jemand aus den Reihen der Journalisten. Es war unüblich, das Anthony beschloss auch diese Frage zu beantworten.
„Die Atmosphäre der Venus ist dick und voller Dämpfe die die Sicht stark beeinträchtigen. Selbst unter günstigen Bedingungen kann man kaum weiter als drei Kilometer sehen. Dieser Würfel war nur aufgrund seiner Größe und des Kontrasts seiner Färbung schon bei dieser Entfernung erkennbar.“
„Da sprechen sie einen guten Punkt an, Dr. Erzählen Sie doch bitte den Anwesenden, wie groß dieses Objekt war.“
Wieder blätterte er in seinen Unterlagen. Es gab keine grafischen Aufnahmen, nur die Beschreibungen der Crew. Die Größe des Würfels wurde mit einfachen optischen Vermessungsgeräten ermittelt.
„Dr. Bauer teilte uns mit, dass er Würfel eine Kantenlänge von 1901 Metern zeigte.“
Nach erneuten Notizen spielte der Besitzende wieder das Funklog ab.


„Hier Venus II. Wir sind jetzt unter dem Würfel. Wenn Sie das sehen könnten, Houston. Die Oberfläche ist… Sie zeigt an manchen Stellen ein Muster, das fast wie eine Platine aussieht, andere Stellen sehen aus wie geschnittener Schiefer.“
„Können Sie Öffnungen erkennen? Oder einen Antrieb? Irgendetwas wodurch eine Interaktion mit der Umgebung stattfinden kann?“
„Nein. Die Flächen sind geschlossen. Keine Türen oder Fenster, kein sichtbarer Antrieb. Aber es…“
An dieser Stelle brach die Verbindung kurz ab.
„Venus II, wiederholen Sie den letzten Satz, es gab Verbindungsprobleme.“
„Houston, Ich sagte es….“


Wieder störten Interferenzen die Übertragung, doch diesmal waren sie deutlich hörbar. Fast wie ein Rhythmus aus Basstönen dröhnten die Lautsprecher im Anhörungssaal. Der Beisitzende drehte die Lautstärke sofort zurück, sodass es für alle Anwesenden angenehmer war.
„Dr. Carlson, ich nehme an, Sie haben diese Interferenzen untersucht?“
„Natürlich. Ein solcher Rhythmus ist selbst für Laien als nicht natürlich identifizierbar. Die Analysen ergaben ein Muster als den Frequenzen 37, 59, 73 und 89 Hertz… das sind alles Primzahlen. Wir sehen es ganz klar als Kommunikationsversuch an, doch leider hat bisher auch unser Supercomputer noch keine Entschlüsselung durchführen können.“
„Könnte es sein, dass es sich um Warnung gehandelt hat? Oder eine Drohung? Etwas, das auf die folgenden Ereignisse hätte hinweisen können?“ fragte die Frau die vorher bereits die Frage zu den Raumanzügen stellte.
„Wir wissen es nicht. Es hätte genauso gut eine Einladung oder ein Rezept für Rinderbraten sein können. So lange wir keine Übersetzung anfertigen können, können wir nur raten.
Anthony war bereits deutlich gereizt. Was den Astronauten unter seiner Aufsicht geschehen war, nagte seit Wochen an ihm, ließ ihn an seinen Fähigkeiten und Qualitäten zweifeln. Doch das taten auch andere. Er bekam Drohbriefe, Klagen der Hinterbliebenen, Journalisten stalkten ihn geradezu.
Seit dieser Landung auf der Venus hatte sein Leben eine Wendung zum Schlechten genommen, die er sich nie hätte träumen lassen können.
„Sie arbeiten noch immer daran das Signal zu analysieren, richtig?“ Dr. Carlson nickte zustimmend.
„Gut. Informieren Sie den Untersuchungsausschuss sofort, wenn Ihr Computer ein Ergebnis liefert.“ Der Vorsitzende ordnete einige Blätter auf seinem Tisch und wandte sich dann wieder dem Mikrophon zu.
„Auf dem Log folgen nun einige Beschreibungen des Objekts, deshalb möchte ich gleich zu den letzten Minuten springen.“


„Houston! Es passiert etwas!“
„Was? Beschreiben Sie es! Oder bringen Sie sich in Sicherheit!“
„Es zeigt eine Veränderung… auf seiner Oberfläche. Es öffnet Spalten! Sie… leuchten.“
„Venus II, was meinen Sie mit leuchtenden Spalten?“
„Ein Muster, überlappende Kreise und etwas das wie… Schriftzeichen aussieht. Riesengroß und rot leuchtend. Houston, es…“
Der Funkkontakt war wieder unterbrochen. Doch diesmal gab es keine Interferenzen, nur Stille.
„Venus II, hören Sie mich?!“ Deutliche Panik lag in der Stimme von Dr. Carlson, der Inzwischen seine Hände über sein Gesicht gelegt hatte.
„Venus II?! Kowalski, Analyse!“
„Sir, der Quantenkommunikator… er zeigt einen Fehler. Partner nicht gefunden.“
„Was?! Ist es möglich, dass der Kommunikator von Venus II ausgefallen ist?“
„Nein, Sir. Es sein denn, Ihr verschränktes Teilchen wurde dabei zerstört, aber das… Sir dieser Fehler sollte eigentlich in der Praxis nicht möglich sein.“


An dieser Stelle wurde die Wiedergabe beendet. Seit jenem Moment hatte es kein Lebenszeichen der Venus II Crew mehr gegeben.
Der Vorsitzende atmete einmal tief durch. Es war für keinen der Anwesenden einfach sich dieses Log anzuhören, zumal es die letzten Worte von vier Menschen wiedergab. Die fernab der Heimat spurlos verschwanden und wohl nie mehr wieder gefunden werden würden.

„Also… Dr. Carlson. Sagen Sie mir noch eine Sache… Wo ist die Crew der Venus II? Und… wohin ist der Planet Venus verschwunden?“
Akeem
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

12.10.20 18:58
Danke an alle Teilnehmer.
Das Thema wurde ganz gut angenommen, aber schien doch schwieriger zu sein, als wir alle zuvor erwartet haben! Trotzdem sind ein paar sehr interessante Geschichten dabei herausgekommen. 

Viel Spaß beim Lesen. Die Abstimmung läuft bis zum 19.10.2020 ca. 19:00 Uhr.


PS: Überlegt euch ruhig schon mal ein Thema für nächstes Mal!
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

19.10.20 21:11
Die Umfrage ist beendet und der Gewinner wurde gefunden!
Hier ist das Ergebnis:


  1. Funkkontakt von @Spartan0712 mit 3 Stimmen
  2. Starmirror - Lost Places von @Akunda Maou mit einer Stimme
  3. In deiner Welt von @BlackCloud



Vielen Dank an alle Teilnehmer und an alle, die sich die Zeit genommen haben die Geschichten zu lesen und abzustimmen. 
Jetzt folgen die Reviews, die von @BlackCloud und mir verfasst wurden.
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

19.10.20 21:12
Review zu Starmirror - Lost Places

Zuerst einmal möchte ich sagen, dass mir deine Kurzgeschichte zum Thema “Verschollene Welten” sehr gut gefallen hat. Ich fand die Handlung der Geschichte gut, auch wenn es sich in dem Fall eher um eine Fantasie- bzw. Parallelwelt gehandelt hat, als um eine “Verschollene Welt”. Verschollen bedeutet meiner Meinung nach etwas, dass es mal gegeben hat, aber eben nicht mehr gibt, aber die Möglichkeit besteht, es wieder zu bekommen. Deine Welt hast du wunderbar beschrieben. Ich konnte mir durch deine Zeilen die Umgebung gut vorstellen und auch deine Formulierungen waren teilweise sehr schön gewählt. Zunächst denkt man bei dem Thema “Oh, Verschollene Welten! Was ein tolles Thema! Da fällt einem sicher schnell etwas ein!”
So im Nachhinein betrachtet ist es aber gar nicht so leicht, denn das Thema “Verschollen” ist in dem Zusammenhang mit dem Wort “Welt” schwierig zu interpretieren. Du hast dieses Thema gut umgesetzt, auch wenn man sich jetzt darüber streiten kann, ob eine Fantasiewelt im Mittelalter-Stil als “Verschollene Welt” durchgeht. Ich finde eindeutig “Ja”! Du hast Spannung aufgebaut und ich habe die Geschichte auch gerne bis zum Ende gelesen. Sie erschien mir kurzweilig und interessant. Besonders der Twist am Ende, und dass du die Zeichen auf der Rüstung  nochmal aufgegriffen hast: Super!

Fazit: Alles in allem eine gelungene Geschichte, die viele Fragen offen lässt. An der ein oder anderen Stelle hätte man schönere Formulierungen verwenden und auf Wortwiederholungen achten können (z. B. in folgendem Satz: Er sah vor sich zwar Menschen, jedoch waren alle in Kleidung aus dem Mittelalter eingekleidet.).  Spannung durchgehend. Thema gut umgesetzt.
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Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Empty Re: Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten

19.10.20 21:13
Review zu In deiner Welt

Der Beginn der Geschichte zieht einen direkt in den Bann und führt einen mit Info-Häppchen für Info-Häppchen spannend in die Welt ein. Sprachlich trumpft die Geschichte vor allem in diesem Teil, wie im Mittelteil auf, in dem es dann etwas surrealer wird.
Die Gefühle des Hauptcharakters kann wohl jeder nachvollziehen, sowie den Schmerz, den sie fühlt und die Verwirrung, in der sie sich später befindet. Trotzdem wirkt sie als Protagonistin etwas passiv, was vor allem daran liegt, dass sie bis zum Höhepunkt der Geschichte (in der “verschollenen Welt”) keine eigenen Entscheidungen mehr trifft, sondern lediglich eine Entscheidung aufgetragen bekommt. Dies ist nicht so sehr ein strukturelles Problem der Geschichte, denn das sie sich hier von ihrem Mentor (Sam) eine Erklärung der fremden Welt anhören muss, fügt sich natürlich in die Erzählung hinein. Das Problem ist eher die Länge der Geschichte bzw. das Ende, das viel zu früh kommt. Gerade erfährt man noch vom bösen Nachbarn (der zu dem Zeitpunkt gerade erst eingeführt wird), da ist der Konflikt durch einen Zeitsprung auch schon gelöst. Als Leser fühle ich mich einer interessanten Konfrontation beraubt und so missfällt mir das Ende, das etwas hervorgezogen wirkt.
Dabei ist es gar nicht das Ende an sich, das enttäuscht. Der Zeitsprung und Melissas Entwicklung in ihrem späteren Leben ergibt Sinn und es würde sich rund anfühlen, hätte man den Weg dahin mehr begleitet.

So wirkt es, als würde die Autorin den Konflikt scheuen, obwohl doch genau in der Konfrontation zwischen dem Böse und dem Guten die Dramatik liegt. Alles was bereits zu Papier gebracht wurde ist sehr gut und es lässt den Leser zurück mit dem Gefühl noch viel mehr zu wollen.
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19.10.20 21:13
Review zu Funkkontakt

Ich sollte zu Beginn vielleicht direkt zugeben: Solche Geschichten sind genau mein Ding. Ich bin großer Science-Fiction Fan und liebe das Format des Courtroom Drama, weswegen diese Geschichte wohl direkt einen Nerv bei mir trifft. Es ist also erstmal kein Wunder, dass mir die Art und Weise, wie diese Geschichte erzählt wird, besonders gut gefällt, aber wenn man genauer darüber nachdenkt wird einem auch schnell klar, wieso diese Erzählstruktur für ein Mystery so gut geeignet ist. Und das ist diese Geschichte im Grunde: Ein Who-Done-It bzw. What-Did-They-Do?
Bei jedem guten Mystery geht es für den Autoren darum, den Leser mit Informationen zu Füttern, die bei beim Leser Fragen auslösen. Dabei wollen wir zunächst Fragen aufwerfen, dann eine zufriedenstellende Antwort liefern, aber gleichzeitig auch weitere Fragen beim Leser platzieren, um sie dann am Ende mit einer faszinierenden Erklärung aufzulösen.
Die Herausforderung ist dabei diese Fragen und Antworten dem Leser in einer Art und Weise zu präsentieren, die zugleich spannend und erhellend, aber auch natürlich sind. Da macht es das Konzept des Courtroom Dramas einem doch sehr leicht, denn hier wird einem bereits ein natürlicher Grund geliefert, wieso ein Ankläger Fragen über das Mystery an den Angeklagten stellen muss und wieso dieser beantwortet. Da jeder gute Ankläger eine Argumentation aufstellen und verfolgen muss, ergibt sich so ein natürlicher Rhythmus, in dem zuerst der grobe Tatbestand erläutert wird, bevor man später weiter ins Detail geht und schließlich die Schuldfrage klärt und so das Mystery auflöst.
Diese Blaupause passt nun nicht hundertprozentig auf die hier vorgelegte Geschichte, aber die Grunddynamik des Courtroom Dramas findet hier auch Verwendung. Es geht um die Anhörung eines führenden Wissenschaftlers, welcher zu einem mysteriösen Vorfall befragt wird. Die Fragen des Anklägers dienen als roten Faden, der diktiert, wann welche Fragen und welche Informationen beim Leser platziert werden. Die Funk-Nachrichten, die immer wieder abgespielt werden, geben uns gleichzeitig Einblick in das,  was in der Vergangenheit passiert ist. Ganz ohne große Flashbacks erfahren wir als Leser so nach und nach, was auf dem Planeten Venus passiert ist. Gleichzeitig bekommen wir die Kommentare und Reaktionen des Angeklagten auf die, ihm vorgelegten, Beweise.
Die Frage, die hier im Raum steht, ist aber weniger “Wer ist der Täter?”, sondern mehr “Was ist überhaupt passiert?” Die Fragen, mit denen der Leser gefüttert werden, halten die Spannung bis zum Ende der Geschichte. Und wenn man dann noch wie ich ein großer Science-Fiction Fan ist, fühlt man sich direkt abgeholt und möchte gerne noch mal die DVD von “2001” in das Abspielgerät einwerfen.
Trotz der guten Anfütterung gelangt man dann unweigerlich an das Ende und der Antwort zu der Frage: Was ist überhaupt passiert? Und dann stellt man fest, wie genau der Autor das Thema “verschollene Welten” interpretiert hat: Die Welt Venus ist nun ganz verschollen. Als Leser saß ich hier, völlig erfreut über die vorhergegangene dramatische Erzählung und wollte erneut mehr erfahren. Die große Frage war natürlich “Warum ist Venus verschwunden?”, aber auch Fragen wie: “Was ist mit der Crew passiert?” drängten sich mir auf. Dann dachte ich mehr über den Hauptcharakter nach. Was wird nun aus dem Wissenschaftler? Wird ihm die gesamte Schuld aufgeladen? Er ist im Grunde die einzige Identifikationsfigur für den Leser, natürlich bin ich an seinem Schicksal interessiert. Wird er nun verhaftet? 
Ich realisierte, dass ich nicht am Ende der Geschichte angekommen war. Das Mystery war nicht vollständig aufgeklärt worden. Es gab genug Fragen, die noch nach einer Antwort verlangten, aber die Erzählung war beendet und das Ende offen. War es zu offen? Oder genau richtig so? 

Dies wird wohl der Autor selbst entscheiden müssen. Waren dies die Gefühle, die der Autor auslösen wollte? Wenn ja, dann hat er alles richtig gemacht. Wenn nicht, dann wäre ich bereit für einen weiteren Teil dieser Erzählung!
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19.10.20 21:26
Danke für die wunderbare Review :D
Auch wenn ich gerne wissen würde wessen Geschmack ich von euch beiden hier genau getroffen habe.^^
Die Abweichung zum klassischen Courtroom Drana ist hier gewollt, da ich den kleinen aber doch wichtigen Unterschied zwischen einer Gerichtsverhandlung, bei der ein Schuldiger gesucht wird, und einem Untersuchungsausschuss, der neutral und ohne Schuldzuweisung einen Sachverhalt aufklären will, hervorheben wollte. Deshalb habe ich die Schuldzuweisung an den Dr. in sein privates Umfeld verschoben und nur eher dezent durch die forschen Zwischenfragen im Anhörungssaal eingebaut.
Das Ende habe ich gewollt sehr sehr offen gelassen.^^
Zum einen aus zeitlichen Gründen xD Zum anderen weil ich die Spannung nicht durch eine Aufklärung wieder abflachen wollte und ich mir so eine Möglichkeit offenhalte um daraus vielleicht eine Fortsetzung oder ein RPg zu schreiben. Man soll ja aufhören wenns am schönsten ist. :P
In der ursprünglichen Version sollte sich am Ende das Kommunikationsgerät aktivieren und eine Nachricht der Crew ankommen, aber... der Cliffhanger wäre noch gemeiner gewesen.^^
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21.10.20 12:40
Im Discord Server wurde vorgeschlagen das Thema für den nächsten Wettbewerb noch einmal "Horror" sein zu lassen. Eventuell würde statt "Horror" auch "Grusel" genommen oder ähnliches.
Wie findet ihr die Idee?
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23.10.20 7:32
Mein Genre ist es nicht, aber ich wäre auf jeden Fall trotzdem dabei :-)

Schön fände ich es, wenn das Thema nicht einfach nur "Grusel" heißen würde, sondern z. B. "Spiegel", "Haus", "See" oder so. Alles auf das Thema "Grusel" bezogen, versteht sich.
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23.10.20 9:09
Uh das wär auch eine gute Idee. Themen mit Grusel / Horror kombinieren :D
Akeem
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23.10.20 10:00
Welche Kombination findet ihr denn am spannendsten ?
Horrorhaus?
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23.10.20 10:24
Horrorhaus ist ziemlich ausgelutscht, finde ich, auch wenn ich selber es jetzt genannt habe. 85% der Horrorgeschichten finden in irgendwelchen Häusern statt, wo Geister wohnen. Daher eher nicht.

Mein Vorschlag: "Haus am See". Da lässt sich frei interpretieren, ob man das Haus, den See oder beides in den Vordergrund stellen möchte. Alternativ fände ich aber "Legenden" im Bezug auf "Grusel" sehr interessant.
Kohana
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23.10.20 10:50
Im Discord Server wurde ja auch schon über Bilder als Thema gesprochen. Vielleicht kann man ja so ein Horrorbehaftetes Bild nehmen als Thema? Da wäre ich denke ich auch motivierter; ich hatte ja zuvor gesagt dass ich mit Bildern eigentlich nichts anfangen kann. Hierbei denke ich aber schon :D
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23.10.20 10:54
So eine Art Bildergeschichte? Das ist sehr gute Idee! :-)
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23.10.20 10:57
Falls der Vorschlag euch allen gefällt... wie wäre es mit so einem Bild?

Kurzgeschichten-Wettbewerb - Verschollene Welten Lake_of_death
Quelle
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23.10.20 17:55
Also ich finds gut.
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23.10.20 19:51
Du stehst echt auf den See oder? xD
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23.10.20 20:46
Irgendwie gefällt mir das Thema, wenns um Grusel geht :-D
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24.10.20 12:39
Also ich würde das so gut finden, ihr nicht?
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